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3 absolute Must-Reads für den verlängerten dritten Lockdown und warum ich sie liebe:

  • alrasumofsky
  • 24. Jan. 2021
  • 5 Min. Lesezeit

Catch 22:

Wer oder was ist ein Catch 22? (außer dem nachfolgendem Buch natürlich!) Die Freunde der englischen Sprache werden vielleicht den Begriff kennen, ohne jemals das Buch gelesen zu haben. Ein Catch 22 ist ein logisches Problem, dessen Lösung durch einen Teil des Problems unmöglich gemacht wird. Klingt kompliziert, doch ein Beispiel aus dem gleichnamigen Buch von Joseph Heller weiter unten im Text sollte zur Erklärung dienen.

In diesem Buch geht es um amerikanische Piloten im zweiten Weltkrieg. Wer jetzt allerdings eine glorreiche Kampfgeschichte erwartet, wird enttäuscht. Das Buch ist im besten Sinne tragisch und komisch zugleich. Es ist so komisch, dass man wirklich manchmal nicht anders kann, als laut zu lachen, zum Beispiel in den Szenen, in denen der Leutnant mit dem sprechenden Namen Lieutenant Scheisskopf auftritt. Seine Frau schläft ständig mit seinen Rekruten, um ihn dafür zu bestrafen, dass er ihr keine Aufmerksamkeit gibt, denn er ist nur an den sonntäglichen Paradewettkämpfen in seinem Ausbildungslager interessiert. Jedes Mal, wenn seine Frau mit dem Wunsch nach Intimität zu ihm kommt, wimmelt er sie mit dem Spruch: „Don’t you know there’s a parade going on?“, ab. In einer anderen Szene fungiert Lieutenant Scheisskopf gleichzeitig als Richter, Ankläger und Verteidiger für einen Soldaten, da dieser bei einer Parade gestolpert war.

Das Buch ist aber auch tragisch zum Haare ausreißen in den Momenten, in denen die Freunde der Hauptfigur Yossarian ihren jeweiligen Schicksalen begegnen (hier will ich nicht zu viel spoilern, vielleicht will es ja jemand lesen). Heller baut eine unglaublich enge Beziehung zwischen den Lesern und seinen Figuren auf. Man fiebert richtig mit und am Ende denkt man, wie Yossarian, dass der Krieg kein Kampf zwischen Großmächten ist, sondern ein Angriff auf seine Person, denn für Yossarian schießen „die da unten“ auf ihn und nicht auf ihr Konzept eines Amerikaners.


Jetzt kommen wir zum Catch 22, der durch dieses Buch Einzug in die Sprache gemacht hat und nur ein Beispiel dafür ist, wie clever dieses Buch ist: Der Catch 22 beschreibt nämlich eine Zwickmühle für die Kampfpiloten. Diese müssen, damit sie aus dem Krieg nachhause dürfen, eine gewisse Anzahl halsbrecherischer Missionen fliegen. Doch jedes Mal, wenn sie kurz davor stehen, ihr Soll zu erfüllen, wird die Zahl der erforderlichen Missionen erhöht. Yossarian beschließt daraufhin, sich für verrückt erklären zu lassen, um so nach Hause zurückkehren zu können. Doch der Bataillonsarzt bescheinigt ihm daraufhin, dass er bei Verstand sein müsse, denn sich für verrückt zu erklären, sei das einzige, das für eine vernünftige Person in dieser Situation Sinn mache.


Falls euch das Buch interessiert, könnt ihr es unter diesem Link kaufen:


Ansichten eines Clowns:

Heinrich Böll ist einer der Autoren, die meine Nachpubertät sehr prägten. Ich denke zum Beispiel an "Doktor Murkes gesammeltes Schweigen" ...

eine Kurzgeschichte von Böll, in der er eine naive, die Religion abwertende Handlung karikiert. Im Radiofunkhaus soll ein Beitrag eines Professors gesendet werden, der in der Vorwoche aufgezeichnet worden war. Doch nach der Aufzeichnung bekommt der Professor plötzlich Bedenken, weil er so oft das Wort „Gott“ in seinem Beitrag erwähnt hatte. Er will im Nachhinein, aus Angst vor dem Eindruck, den dieses Wort bei den Zuhörern erwecken könnte, dass alle Erwähnungen des Wortes durch „Jenes höhere Wesen, das wir verehren“ ersetzt werden und das in allen Abwandlungen. Gott sei Dank, wird dann zu „Jenem höheren Wesen, das wir verehren, sei Dank.“ Eine sprachpolitische Feigheit, die auch heute durchaus aktuell bleibt. Murke, der im Radiokulturhaus arbeitet, sammelt die Abschnitte des Schweigens, die bei der Aufzeichnung zwangsläufig entstehen.


Die

sind anders. Viel persönlicher, obwohl auch Religion eine große Rolle spielt, was Böll nicht zuletzt auch die Kritik der Katholischen Kirche einbrachte. Doch was mir von diesem Buch hängen geblieben ist, sind nicht die religionskritischen Passagen, sondern die grandiosen Beschreibungen und Stimmungen, die Böll erzeugt. Er erzählt hier die Geschichte des zunächst erfolgreichen Komikers und Clowns, Hans Schnier, und offenbart dem Leser nach und nach, wie dessen Beziehung zu seiner Verlobten Marie gescheitert ist.

Die Beschreibungen, die ich oben erwähnt habe, schließen kleine Alltäglichkeiten ein, wie das Bad, das Schnier vor Auftritten nimmt. Böll gelingt es, eine Innigkeit zu schildern, die Ihresgleichen sucht. Man bekommt einen wunderbaren Eindruck von der Beziehung zwischen Schnier und Marie und von den kleinen gehalt- und liebevollen Ritualen der beiden. Es wird ein Bild vermittelt, wie von einem Ehepaar, das sich wortlos versteht; wie von den alten Ehepaaren im Park, die man manchmal beobachten kann und die wirken, als wären sie schon ihr Leben lang nur füreinander bestimmt gewesen. Stilles Vertrauen, strahlen diese Parkehepaare aus, das so gottgewollt – (oder von jenem höheren Wesen, das wir verehren gewollt) – wirkt, als wäre es so beständig und so natürlich wie der Baum, der neben ihnen steht, oder der Wind, der um sie weht. Außerdem macht das Buch wahnsinnige Lust auf Marmeladenbrot. Ein weiterer Grund, warum man es gelesen haben sollte.


Die Ansichten eines Clowns sind ein kleines Büchlein, das man schnell gelesen hat. Anders verhält es sich mit dem folgenden Werk, das einen durchaus durch den ganzen Lockdown begleiten könnte. (Bei der Blasmusik haben wir übrigens immer Stücke als „Werk“ bezeichnet, die länger als eine Seite waren)


Die Brüder Karamasow:


Ein Buch, das ich schon einmal in einem Blogbeitrag erwähnt

habe und hier tue ich es wieder, denn es ist einfach genial. Denen von euch, die die Wut auf „klassische Texte“ mit der Muttermilch eingesogen haben, die den Kanon hassen und die glauben, das Buch erwähnt der A.L. ja nur, weil er klugscheißen will, eben jenen will ich sagen, dass sie zunächst natürlich mal recht haben. ABER! Dostojewski gilt nicht grundlos als einer der besten Schriftsteller aller Zeiten und in den Brüdern Karamasow präsentiert er noch dazu eine Handlung, die spannender nicht sein könnte.


Zuerst zu den Figuren: Ja, ich gebe zu, man muss sich durch einen kleinen russischen Namensdschungel kämpfen. Wenn man den aber einmal ein bisschen überblickt, dann ist jede Figur, wirklich ausnahmslos, so dargestellt, dass man glauben könne, sie hätten wirklich gelebt. Jede Figur hat ihre Eigenheiten, ihre charakteristische Weise zu sprechen und eine eigene Art, wie sie auf die anderen Figuren wirkt. Es ist gewaltig, wie tiefgründig Dostojewski die Psyche seiner Charaktere für den Leser errichtet. Man wäre nicht überrascht, wenn man diese Personen einmal so beim Spazierengehen treffen würde. Man würde sich nicht über sie wundern. Nein, man würde sie als Menschen mit mehr Tiefgang akzeptieren, als man vielen wirklichen Zeitgenossen zutraut. Dazu kommt noch, dass sie alle ausnahmslos gescheit sind und mit ihrer Klugheit immer wieder überraschen. Niemand ist hier einfach nur ein Bösewicht, weil er böse ist, sondern man kann nachvollziehen, was warum geschieht. Man kann sich in die Personen hineinversetzen und denkt sich dann nur… Ja… ich verstehe, warum do so gehandelt hast.


Dazu kommt aber dann eben noch die Handlung und ich will hier nicht zu viel spoilern, aber es geschieht ein Verbrechen und der Roman kulminiert in einem überraschenden, mitreisenden, und verzweifelt machenden Gerichtsurteil. Daneben gibt es aber auch kleine Nebenhandlungen, Erzählungen und Parabeln, die verschiedenste Aspekte unserer Existenz ausleuchten; von Religion, über die Idee von Sippenhaftung, und, und, und. Dieses Buch ist in sich nicht nur ein Spiegel für das Russland am Ende des 19ten Jahrhunderts (vermutlich… das kann ich nicht wirklich beurteilen, ich war ja nicht da), sondern zeigt uns die Menschheit, wie sie ist.

Falls ihr bis hierher gelesen habt, dann lasst mir doch in den Kommentaren ein paar Vorschläge für zukünftige Lieblingsbücher!

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