Ein Polterabend im Plusquamperfekt
- alrasumofsky
- 27. Juni 2021
- 4 Min. Lesezeit
(Mit dem Du-Wort auf Du und Du)
Ich werde einen Junggesellenabend gehabt haben.
Ich erhole mich gerade und liege in dem Moment, in dem Sie (sind wir eigentlich per du, liebe Leserschaft?) diesen Artikel lesen, im Bett. Ich werde nämlich am Freitag (es ist gerade Donnerstag), meinen Junggesellenabschied feiern und nehme dementsprechend an, dass ich bis Sonntag nicht in der Lage sein werde, einen Blogpost zu verfassen. Deshalb ein vorgeschriebener Rückblick auf meinen Junggesellenabend:
Es wird alles um 16.30 begonnen haben (so viel weiß ich schon). Man hat mir zu diesem Zeitpunkt (Donnerstag, 24.06.2021, 14:05) bereits empfohlen, festes Schuhwerk anzuziehen und eine Hose, also nehme ich an, dass wir gemeinsam Lasertag gespielt haben werden, oder Motocross gefahren sein werden (was ich nicht kann, also muss ich das heute oder morgen vor dem Polterer noch gelernt haben). Alternativ werde ich irgendeine andere Aktivität hinter mich gebracht haben, zu der man festes Schuhwerk und eine Hose braucht.
Die Bekleidungsvorschrift sagt mir außerdem, dass ich vermutlich nicht in einen Stripclub geführt worden sein werde, wie es ja bei Polterabenden üblich ist. Obwohl, was würde man dort anziehen? Vielleicht einen Pelzmantel und einen Gehstock, damit ich aussehe, wie ein Zuhälter in schlechten Filmen aus den 80gern. Leider habe ich keinen Gehstock (nur einen langen Schuhlöffel, der vielleicht als solcher durchgehen könnte) und auch keinen Pelzmantel (obwohl ich heute ein Eichhörnchen im Garten gesehen habe… das gibt aber höchstens eine Pelzkappe her, wenn ich denn schaffe, es zu fangen). Aber ich will auch nicht in einem Stripclub gewesen sein. Ich muss mir keine Hörner mehr abstoßen, das habe ich schon in meinen frühen Zwanzigern erledigt.
Poltern am Land
Überhaupt feiert man dort wo ich herkomme Polterabende ganz anders als in Wien. Am Land funktioniert das so, dass die Dorfjugend und die Nachbarn zu jemandem nachhause kommen und dort alles austrinken, was man im Haus findet, das alte Geschirr im Hof zertrümmern und dann die Vorräte des nächsten Hauses in Angriff nehmen, bis alle Beteiligten entweder bewusstlos sind, oder einfach nicht mehr dazu in der Lage, weiterzutrinken und so jeden Anspruch auf Anwesenheit bei einem Polterabend verwirkt haben.
Poltern in der Stadt
In der Stadt sind Polterabende dagegen immer mit Aufgaben verbunden. Der zukünftige Bräutigam zieht mit seinen Freunden durch die Stadt und muss fremde Frauen dazu überreden, ihm ihre BHs zu geben, oder Küsse auf einem T-Shirt sammeln, oder handverlesenen Passanten parkende Autos in Parallelstraßen tragen (nehme ich an). Nichts ist weiter von meiner Vorstellung eines schönen Abends entfernt, als Aufgaben zu erledigen und fremde Leute anzusprechen. Ich will an meinem Polterabend keine Aufgaben erledigen. Ich will auch sonst keine Aufgaben erledigen. Ich will außerdem keine fremden Leute ansprechen. Wer tut das schon gerne? Außer Soziopathen vielleicht. Warum soll ich dann an einem Tag, an dem ich meinen Abschied aus der „Freiheit“ feiere als Sklave meiner Freunde durch die Straßen ziehen?
Wozu poltern?
Oder ist ein Junggesellenabschied so etwas wie eine letzte Möglichkeit der „Freunde“, ihren „Freund“ auszunutzen, zu verarschen und ihn auf einem Bußmarsch durch die Straßen zu blamieren? Wird man wie ein Dorftrottel durch die Stadt geführt (also eigentlich wie ein Stadttrottel), um noch einmal allen die Chance zu geben, sich besser als der Bräutigam zu fühlen? Oder ist es so etwas wie die Rituale der Ureinwohner im Regenwald, bei denen der Übergang vom Kindesalter zum Erwachsensein durch die rituelle Opferung einer Hand gefeiert wird? Vielleicht muss mein Freundesstamm mir einfach mit diesem Initiationsritus zeigen, dass ich bereit für die Ehe bin.
Ich mag Lasertag und habe, meinem Trauzeugen gegenüber, einen dementsprechenden Wunsch deponiert. Ich nehme an, dass wir das also gemacht haben werden und dass wir hoffentlich alleine gespielt haben werden. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein Spiel bei einer Geburtstagsparty, bei dem ein Semiprofi sich unter die Geburtstagsgäste gemischt hatte. Das Team mit ihm gewann immer automatisch und er schaffte es, die ganze Stimmung zu vermiesen. Das wird hoffentlich nicht der Fall gewesen sein.
Wir werden währenddessen schon einiges getrunken gehabt haben.
Das Du-Wort
(Word streicht mir mittlerweile bei diesem eigenartigen zukünftigen Rückblick schon alle möglichen Satzkonstruktionen an und das freut mich, denn damit spielt Word mir in die Hände. Wenn ich dich, liebe(r) Leser*in bis jetzt noch nicht verloren habe, dann bedanke ich mich bei dir, indem ich dir das Du-Wort anbiete. Wenn man sich als Leser*in einmal durch einen solchen Blogpost gekämpft hat, einmal diese mäandernde Wanderung durch das Hirn eines Hobbyschriftstellers gekämpft hat, dann finde ich, dass diese künstlichen Grenzen zwischen Du und Sie fallen können. Das zeugt von Loyalität. Ich verrate es nur dir, treue(r) Leser*in: Das alles ist ein Test. Ich weigere mich, meinen Blog in eine Richtung zu zwingen und nur noch über ein Thema zu schreiben; z.B. nur noch über Windeln und dadurch das ganze Windelpublikum und das ganze Windelgeld, das im Internet herumschwirrt, wie die Fliegen, die um den Inhalt besagter Windeln schwirren, an mich zu reisen. Je spezialisierter ein Blog ist, desto leichter findet man ihn im Internet und desto leichter kann man damit Geld verdienen. Aber ich gehe gerne in den unendlichen Weiten des Internets unter und bin nur für Leute wie dich auffindbar! Nur für Leute, die Unterhaltung von mir wollen, oder die meine Schreibübungen lesen wollen. Für treue Fans wie dich, die wissen, dass sie von mir im Gegenzug für ihre Lesezeit Entertainment bekommen und nicht Weisheit! Content kann ich bieten, für Windelweisheiten müsst ihr woanders hin! Aber was ich euch biete, das kriegt ihr gratis (außer meine Bücher, die müsst ihr schon kaufen, falls ihr die denn lesen wollt/ P.S. das nächste kommt noch in diesem Jahr).
Also! Liebe(r) Leser*in, danke für deine Geduld und für die Unterstützung! DU und ICH, wir werden uns gegen die Welt behaupten und mit Nonsens gegen sie kämpfen, denn irgendwo auf der Linie zwischen Klugheit und absoluter Dummheit liegt das Gold begraben, wie Conan O’Brien letztens in seiner letzten Late Night Show gesagt hat!
Alles in allem wird es ein erfolgreicher Abend gewesen sein.
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