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Lockdown Verlängererererung

  • alrasumofsky
  • 4. Jan. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Der Eiertanz geht (vermutlich!) in die Verlängerung.


Sind wir uns mal ehrlich, wer hätte denn bei den derzeitigen Zahlen damit gerechnet, dass wir wieder aus unseren Verschlägen kommen dürfen?


[Für diejenigen, die irgendwann in der weit entfernten Zukunft auf diesen Blogpost stoßen, wir schreiben den 4.1.202, vor dem Fenster liegt Schnee in Massen, die einen mentalen Knoten verursachen/ zumindest hier in Kärnten. Wir sitzen im 3ten Corona-Lockdown und obwohl die Regierung ganz lieb darum bittet, dass die Leute sich beim Skifahren nicht abschmusen, wollen die Zahlen aus irgendeinem Grund nicht sinken (wir stehen bei 1466 Neuerkrankungen an einem Sonntag)]. (An meiner Klammersetzung erkennt man übrigens, was für ein braver Mathematiker ich in der Schule war)


Und eigentlich ging der Startschuss dieses Lockdowns schon ins Knie, als die Regierung der Bevölkerung unmissverständlich verkündete, man dürfe das Haus unter keinen Umständen verlassen. Ausgenommen wären alle Dinge, die man gerade machen will und von deren Notwendigkeit man einen Polizisten irgendwie überzeugen kann.

Und hier sind wir beim ersten Problem, das aus einer Demokratie eben nicht rauszubekommen ist: wie soll man Gesetze umsetzen, die einer Verfassung entgegenlaufen? Was tun, wenn die Prozesse, die uns stark machen, uns ebenso behindern? Normalerweise sind Gremien und gemeinschaftlich beschlossene Regeln ja etwas Gutes, aber während einer Pandemie braucht man eigentlich so etwas wie den sogenannten Turnkey-Totalitarismus, also die Möglichkeit, mit der Umdrehung eines Schlüssels für gewisse Bereiche des öffentlichen Lebens den Totalitarismus hochzufahren. (Man erinnere sich nur an die chinesischen Fertigbau-Krankenhäuser, die dort mit der Geschwindigkeit aufgebaut werden, mit der bei uns Zelte auf Kirchtagen in die Höhe wachsen).


Den nachfolgenden Absatz bitte überspringen, wenn man nicht auf Hirngespinste steht; ansonsten viel Spaß:

Der Turnkey-Totalitarismus kann vor allem mit zunehmendem technologischen Fortschritt lebensrettend werden. Man stelle sich vor, wir können irgendwann so einfach eine Mikrowelle mit einem atomaren Sprengkopf bestücken, wie wir heute mit einem Befehl etwas über Amazon bestellen: „Alexa, leite den nuklearen Holocaust ein.“ Wenn die Regierung dann nicht so schnell wie möglich reagieren kann, und einfach etwaige gefährliche Individuen sofort aus dem Verkehr zieht, dann wird’s nicht gerade lustig. Aber zurück zum Thema:


In der jetzigen Situation haben wir gesehen, was geschieht, wenn die Polizei zwar Gesetze kontrollieren soll, aber gleichzeitig keinerlei Handhabe hat. Die Leute tun, was sie wollen. Ich nehme mich selbst hier nicht aus, denn alles was das Gesetz an Dehnbarkeit hergibt, wird auch von mir ausgenützt; ich erkläre gleich warum. Ich darf mich mit einer Person aus einem fremden Haushalt treffen – ich dehne. Ich darf mit 10 Personen Weihnachten feiern – und dehne. Ich darf Skifahren, solang ich am Lift die Maske aufhabe – und dehne.


Womit wir eigentlich in der Königsklasse der Stumpfsinnigkeiten gelandet sind. Der doppelte Rittberger unter den Bauchlandungen gelang unserer Regierung mit den Regelungen zur Öffnung der Seilbahnen und Skigebiete. Zuerst dachte ich, es wäre ein Scherz, doch bald stellte sich heraus, dass wirklich der Wintersport über das Coronavirus gesiegt hatte, zumindest im Kopf unseres Kanzlers. Die Leute sollten das Haus nur verlassen, wenn sie „eine unmittelbare Gefahr für Leib, Leben und Eigentum abwenden mussten“, oder zum Skifahren. Das war die Botschaft, die uns nicht einmal wirklich versteckt vermittelt wurde und wer da noch die Regeln der Regierung ernst nahm, war selbst schuld.


Es ging bei der Skierlaubnis nicht einmal um die infektiologische Relevanz der Regeln. Wenn die Leute in der U-Bahn nebeneinandersitzen dürfen, weil es notwendig ist und sich dort mit Maskenpflicht die gegenseitigen Ansteckungen in Grenzen halten lassen, dann muss das natürlich auch im Freien bei eingeschränkten Besucherzahlen auf den Pisten möglich sein. Wenn ich mich in der U-Bahn mit Maske nicht anstecke, warum dann im Freien? Logisch. Aber: In die U-Bahn muss ich. Auf den Lift muss ich nicht. Auf den Lift kann ich ein Jahr lang verzichten. Die Regel für den Lockdown klang also wie folgt: Drücken Sie unter keinen Umständen den roten Knopf, aber wenn doch, dann, wenn möglich, mit Handschuh.


Ich will damit nicht sagen, dass die meisten dieser Regelungen nicht sinnvoll wären. Ganz im Gegenteil. Ich glaube fest daran, dass wir mit ein paar Wochen gemeinsamem Verzicht sicher gut aus dieser Lage kommen würden. Aber wenn wir mit einer typisch österreichischen Halblösung vor uns hin eiern, dann läuft es darauf hinaus, dass einige verzichten, während andere weiter munter machen was sie wollen und die Situation für alle in die Länge ziehen. Hier greift dann für alle das Prinzip: „Jeder ist sich selbst der Nächste“; bzw. in einer beschissenen Situation muss man schauen, wo man bleibt. Wenn ich nämlich mache was ich will, während ich mich verhalte, wie es das momentane medizinische Knowhow mir empfiehlt und so das Risiko einer Ansteckung minimiere, dann kann ich mir selbst so etwas wie eine Normalität schaffen, und das ganz ohne große Einschränkungen.


Die Regierung hat uns allerdings nicht suggeriert, dass wir gemeinsam verzichten müssen. Was wir vorgeschlagen bekommen haben war: geht und dehnt die Regeln so gut ihr könnt. Wenn ihr nicht ins Fitnesscenter dürft, dann geht eben Skifahren. Wenn ihr euch nicht im Gasthaus treffen dürft, trefft euch daheim (wir dürfen und wollen euch dort nicht kontrollieren). Wenn ihr euch nicht testen lassen wollt, dann werden wir das auch nicht von euch verlangen. Auch über eine Impfpflicht wird höchstens an der Hintertür diskutiert.


Und während alle schreien, wie sehr wir uns nicht einschränken und wie groß nicht unser Verzicht ist, hält sich heimlich niemand dran. Stell dir vor, es ist Lockdown und keiner bleibt daheim.


Aber noch steht ja nichts fest. Rudi Anschober wird sich erst an uns wenden und wieder appellieren. Er wird uns loben dafür, dass wir eh schon brav waren, aber er wird uns auch sagen, dass wir noch ein bisschen braver sein müssen. Dann wird er uns seine Charts zeigen und wir werden uns über die bunten Bilder freuen und noch eine Woche länger daheimbleiben; oder auch nicht. Jedenfalls werden wir rechtzeitig in letzter Sekunde erfahren, an welche Regeln wir uns diesmal nicht halten werden.

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