Das Ende! Aber wie schreib ich's?
- alrasumofsky
- 11. Apr. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Es ist soweit… beziehungsweise: es ist bald so weit. Der erste Entwurf für mein zweites Buch wird fertig und ich nehme diese Tatsache zum Anlass, um über das Fertigwerden zu schreiben. Tatsächlich ist es sogar eine Liste mit 5 Tipps für ein gutes Ende geworden!
(Das Internet liebt Listen!!!)
SPOILER für uralte Filme und Bücher voraus
(Herr der Ringe, Forrest Gump, The Sixth Sense, "Die Zwerge" von Markus Heitz)
Jeder Prozess hat irgendwo ein Ende. Spätestens seit dem berühmten Lied wissen wir, „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat Zwei.“
Also sollte man einfach ein tolles Ende für seine Geschichte schreiben und damit hat sich die Sache. Doch Enden sind verdammt schwer… genauso schwer wie die Anfänge von Geschichten (über erste Sätze habe ich ja schon einen Blogpost geschrieben). Es ist so wie bei Flugreisen: Start und Landung sind die gefährlichsten Teile. Nichts fällt so schwer wie ein gutes Ende.
Woran erinnert man sich? An den Schluss! An die letzten Worte! An das „und wenn sie nicht gestorben sind,...“
Noch heute denke ich, wenn ich an die „Herr der Ringe“- Filme denke, an den Moment wenn am Ende des Films alle vor den Hobbits knien und Frodo kurz darauf mit dem Schiff zu den Elben fährt. Ich denke bei Forrest Gump an den Moment, wenn die Feder wieder davonfliegt und uns einen ewigen Kreislauf suggeriert. Ich denke an den Moment, wenn bei „The Sixth Sense“ Bruce Willis merkt, dass er tot ist. Ein gutes Ende kann der ganzen Geschichte einen ganz anderen Sinn geben.
Auch beim Witz ist es so, dass erst das Ende der vorhergegangenen Geschichte einen Sinn gibt. Ich mag lange Witze (wie meine Freunde zu ihrem Leidwesen bestätigen können). Aber auch lange Witze brauchen irgendwann eine Punchline. Es ist mir schon so manches Mal geschehen, dass ich einen Witz erzähle und erzähle und noch mehr Einzelheiten und absurde Umwege einbaue, nur um dann zu merken, dass jetzt die Punchline einfach zu schwach für den Witz in der Form ist, in der ich ihn erzählt habe. Das Ende muss also in einem guten Verhältnis zur Geschichte stehen.
Am Ende der Geschichte kommt die Moral. Mit ein paar Sätzen werden die zentralen Themen zusammengefasst und in eine Form gepresst, die man sich quasi im Handgepäck mitnehmen kann. Was Märchen vorgemacht haben, wurde zum Beispiel auch in den ersten Staffeln der Serie „South Park“ mitparodiert. Am Ende der Geschichte stellte sich dann meistens Kyle, einer der vier Hauptjungen, hin und erzählte, was er in dieser Woche gelernt hat. So wurden alle Themen der Folge noch einmal zusammengefasst und gleichzeitig gab es noch einmal die Möglichkeit, einen letzten Schlussgag über die ganze Serie zu legen. Ende gut, alles gut. Das Gefühl, dass am Ende der Geschichte alles erzählt sein muss, wird dabei ebenfalls karikiert. Alle Fragen müssen beantwortet werden, alle Elemente, die in der Geschichte Relevanz hatten, müssen für den Leser/ die Leserin zu einer befriedigenden Conclusio gebracht werden. Es kann durchaus mal sein, dass man sich am Ende der Detektivgeschichte fragt, ob der Detektiv noch länger mit dem Love Interest zusammenbleibt (entschuldigt die Klischees… lasst es uns also festlegen, es ist ein männlicher Detektiv und ein männlicher Love Interest), die Frage, die aber unbedingt geklärt sein muss, ist: „Wer hat den Mord begangen?“ Wenn diese Frage nicht beantwortet werden kann, dann musss zumindest eine Fortsetzung folgen.
Und die Moral von der Geschicht‘: Enden schreiben kann man, oder nicht. Es gibt auch kolossale Enttäuschungen am Ende von Geschichten. Ich denke zum Beispiel an „Game of Thrones“, wo die letzte Staffel für die Fans eine gewaltige Enttäuschung war, oder an das Ende von „Harry Potter“, das anscheinend für viele Fans eine große Enttäuschung und zu vorhersehbar war. Auch die Reboots und neuesten Fortsetzungen der „Star Wars“- Filme stießen bei einigen Fans auf Ablehnung. Überall wo die Erwartungen zu groß sind, können Enden eigentlich nur enttäuschen, denn wir wollen ja alle, dass die Geschichte weitergeht.
Eine meiner persönlichen großen Enttäuschungen war der letzte Teil der „Zwergen“-Reihe. Ich las die Bände 1-3 noch vor meiner Zeit in Wien, also noch vor der Zeit, wo ich mich als „erwachsen“ bezeichnen würde. Gerade in meiner Schulzeit habe ich viel Fantasy gelesen und liebte die Geschichte rund um den zentralen Zwergenhelden „Tungdil“. Den vierten Band las ich dann später schon als Student. Vielleicht war die Enttäuschung alleine schon dadurch zu erklären, dass ich die Reihe als beendet empfunden hatte. Tungdil opfert sich am Ende des dritten Bandes für seine Freunde. Ein tolles Ende! Wunderbar emotional befriedigend und belohnend, wenn auch traurig. Doch dann kommt er im vierten Teil zurück. Sofort ist dieses emotionale Opfer, das man als Leser*in mit den Charakteren des Buchs vollzogen hat, zunichte gemacht. Als man dann im Lauf der Geschichte auch noch merkt, dass nicht mehr viel von dem Helden der vorherigen Bücher übrig ist, fühlt man sich doppelt betrogen. Mir ging es so, und wenn ich mir die Amazon Reviews so durchlese, bin ich da nicht der Einzige, der so denkt.
Allerdings muss man auch irgendwann die schönste Geschichte zu Ende erzählen. Patrick Rothfuss, der Autor der „Kingkiller Chronicles“ könnte hiervon ein Lied singen. Den zweiten Teil dieser grandiosen Reihe brachte er bereits im Jahr 2013 heraus und seither arbeitet er an Band Drei. Die ersten beiden Bände dieser Fantasy-Reihe, die ich bei weitem noch besser als „Game of Thrones“ finde, habe ich damals innerhalb von einer Woche verschlungen und seither warte ich auf eine Fortsetzung.
(Nachfolgend der Link mit einer absoluten Kaufempfehlung für alle Fantasyfans)
Auch hier bin ich nicht der Einzige, denn nachdem Rothfuss bereits mehrmals das Erscheinungsdatum des dritten Bandes nach hinten verlegt hatte, gibt es mittlerweile schon Amazon Rezensionen von enttäuschten Leser*innen zum Buch, ohne dass das Buch überhaupt schon erschienen ist. Auch ich halte immer wieder Ausschau nach Nachrichten zu diesem hoffentlich tollen Buch. Aber Rothfuss zeigt eben auch, dass man nicht versuchen sollte, das perfekte Ende zu schreiben, denn sonst wird man seine Geschichte einfach nie erzählen.
Ein gutes Ende kann also auch die Leser*innen belohnen. Sie sind die ganze Strecke mit den Charakteren gegangen, durch dick und dünn haben sie in guten und schlechten Tagen das Schicksal unserer Held*innen mitverfolgt. Da ist es nur gut und recht, dass sie auch für ihre Mühen mit einem guten Ende belohnt werden.
Allerdings macht diese Tatsache die Rolle des Geschichtenerzählers nicht leichter. . . Ich fasse also die Punkte für ein gutes Ende zusammen:
1. Ein gutes Ende gibt der ganzen Geschichte einen Sinn.
2. Das Ende muss in einem guten Verhältnis zur restlichen Geschichte stehen.
3. Ein gutes Ende beantwortet alle zentralen Fragen der Geschichte.
4. Je besser die Geschichte, desto besser sollte das Ende sein.
5. Gib dein Bestes, aber beende irgendwann deine Geschichte (irgendwen wirst du immer enttäuschen).
Falls ihr weitere Tipps habt (oder etwas über euer Endgame erzählen wollt), gerne wie immer in die Kommentare.
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